Die schönen Feministinnen
Über MeToo und verschiedene Formen der Demütigung
Noch nie waren Opfer sexueller Übergriffe so schön und so prominent. Erfolgreiche Frauen klagen mächtige Männer an. Da ist etwas ins Rollen gekommen. Denkt man. Denkt frau. Denke ich. Nur was?
Da speicheln die Herren in den Redaktionen, die die Ereignisse mit viel Frauenverständnis kommentieren; und auch die Leser im ICE. Und die Leserinnen? Sind eingeladen zu einer weiteren Identifikation mit Frauen, deren Beruf sie ohnehin zu Rollenvorbildern macht. Die Identifikation geht noch weiter: Die Schönen sind die Schwestern im Unglück. Denn so ziemlich alle Frauen, nehme ich jedenfalls an, kennen dieses spezielle weibliche Unglück: gedemütigt zu werden wegen ihres Geschlechts.
Für mich begann es mit den Sprüchen, die für die Dreizehnjährige die Welt zu einem bedrohlichen Ort machten: Komm her, Kleine, ich zeig dir was Schönes. Da half auch das spätere Punkoutfit mit Nieten und Lederjacke nicht. Der Spruch hieß dann: Wasch dich mal, dann fick ich dich. Einfach so, von Fremden auf der Straße.
Le Monde Diplomatique, 7.12.2017